Dvořák, Antonín - Böhmische Suite, op. 39

Zwei Dinge machten Antonín Dvořák berühmt: das vollkommene Beherrschen des kompositorischen Handwerks und sein folkloristischer Ton. Dies trug ihm den Ehrentitel „Böhmischer Brahms“ ein, denn in der Tat hatte er es vermocht, die ästhetischen Ideale absoluter Musik seines acht Jahre älteren deutschen Kollegen mit volkstümlichen Klängen zu verbinden. Ursprünglich wollte Dvořák nach seiner Bläserserenade und den Slawischen Tänzen eine weitere Serenade schreiben. Er entschied sich jedoch dann anders, und es entstand eine Suite, in denen sich Dvořák - ähnlich wie in seinen Slawischen Tänzen - mit den Volkstänzen seiner Heimat auseinandersetzt, zugleich aber auch nicht so "volkstümlich" wie dort.

Mit der Bezeichnung Preludio beruft sich der erste Satz von Dvořáks Komposition auf die Tradition der Suite, wie sie als musikalische Gattung im Barockzeitalter entstanden war, während der Untertitel Pastorale bereits den Stimmungsgehalt andeutet, eine zauberhafte Idylle und damit gleichsam eine gedachte Bühne für die anschließende Tanzfolge.

Es folgt eine böhmische Polka an Stelle jener Tanzsätze französischen, italienischen oder spanischen Ursprungs, die in der Suite seit dem 17. Jahrhundert üblich waren. Einer Legende nach soll der Tanz 1830 von einem tschechischen Landmädchen namens Anna Slezák in der böhmischen Stadt Elbeteinitz erfunden worden sein, aber schon 1840 kannte man die Polka in Paris und Wien, von wo sie sich rasch weltweit verbreitete.

Besonders fällt die Vermischung westlicher und slawischer Traditionen aber im dritten Satz in Auge und Ohr: Denn die Sousedská (ein dem deutschen Ländler vergleichbarer böhmischer Volkstanz) hat mit dem höfischen Menuett, das im 17. und 18. Jahrhundert fester Bestandteil einer jeden Suite war, außer dem Dreivierteltakt nichts gemein. Wie die gesamte Suite kann man diesen Satz je nach Belieben also tschechisch/

 
böhmisch oder westeuropäisch, bestenfalls slawisch eingefärbt interpretieren. Auffallend ist, dass Dvořák mit Rücksicht auf die formale Anlage der unmittelbar zuvor erklungenen Polka hier auf das Trio als festen Bestandteil des Menuetts verzichtet.

Der Typus der sich anschließenden Romanze ist der traditionellen Suite weitgehend fremd und weist Dvořák als musikalischen Romantiker aus, der im abschließenden Furiant (einem schnellen böhmischen Paartanz im Dreivierteltakt) an den Erfolg seiner 1878 erschienenen Slawischen Tänze ebenso anzuknüpfen weiß, wie an die Satztechniken großer symphonischer Vorbilder. Bedřich Smetana nahm den Furiant übrigens in seine Oper "Die verkaufte Braut" und adelte damit auch Dvořáks Weitsicht.

Spannend ist noch, dass die Suite unter unter drei verschiedenen Titeln kursiert: Dvořák selbst hat sein Opus 39, das 1881 beim Berliner Verlag Schlesinger in Übereinstimmung mit dem Manuskript unter dem Titel Suite für Orchester herauskam, im Umfeld der Prager Uraufführung am 16. Mai 1879 als Tschechische Suite bezeichnet. Kommentatoren und Betreuer späterer Ausgaben haben es hingegen Böhmische Suite genannt – möglicherweise mit Rücksicht auf die bewegte Geschichte von Dvořáks Heimat, die zu Lebzeiten des Komponisten als Königreich Böhmen unter habsburgischer Verwaltung stand. Philologische Schlamperei unter dem Deckmäntelchen einer falsch verstandenen political correctness? Keineswegs! Denn die verschiedenen Titel, aber auch die mitunter doppelten Satzbezeichnungen des Werkes geben bereits einen Hinweis darauf, dass Dvořák mit ihm an eine Gattung der westeuropäischen Kunstmusik anknüpfte und zugleich in einem der Zeit entsprechenden national geprägten Idiom schrieb.

Ulrich Witt


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